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Der Jüdische Friedhof in Esens

1701 kaufen die Ältesten der jüdischen Gemeinde von Esens (Moses Benjamin und David Josephs) einen Garten des Bürgers und Chirurgen Johann Adam Müller, doch verhinderte die Esenser Kanzlei die Beisetzung eines wenig später verstorbenen Kindes auf diesem Grundstück. Anfang Februar 1702 kaufte die Esenser Judengemeinde ein anderes kleines Grundstück, das damals „weit außer der Stadt gelegen ist“. Vermutlich handelte es sich dabei um den bis heute am Mühlenweg erhaltenen jüdischen Friedhof. Der Friedhof lag damals inmitten von Ackerland und Viehweiden nahe der Weggabelung zwischen der alten Poststraße nach Aurich (heute Nobiskruger Weg) und dem Moorweg (heute Mühlenweg), der über das heutige Wagnersfehn zum Kloster Schoo führte.

Zwischen dem Friedhof und dem alten Moorweg befand sich ein schmaler Wasserlauf. Der Friedhof wurde von der Esenser Synagogengemeinde in Erbpacht erworben. Als um 1858 die neue Chaussee von Esens nach Aurich gebaut wurde, erhielt die jüdische Gemeinde zur Erweiterung des Friedhofes ein zusätzliches Grundstück. Der Friedhof war damals in einem stark verwilderten Zustand. Immer wieder wurde beklagt, dass Grabsteine und Denkmäler durch den „Überlauf des Viehs“ beschädigt wurden.

Der Friedhof wurde damals vermutlich neu eingefriedet und mit einem neuen Eingangstor versehen. Dieses ist in den folgenden Jahren im Winter in der Synagoge aufbewahrt wurden, damit es nicht „verdorben oder durch böse Leute ruiniert werde“. Mit dem Bau der Bahnlinie führte seit 1883 ein Schienenstrang nur wenige Meter südlich am jüdischen Friedhof vorbei. Seitdem lag der Begräbnisplatz am Rande der Stadtgrenze. 1913 wurde ein neues, 50 Meter langes eisernes Gitter zur Einfriedung des Friedhofes angefertigt. Von diesem ist nichts mehr erhalten.

Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 (oder erst 1940?) wurde der jüdische Friedhof völlig verwüstet. Von den Tätern wurden die meisten Grabsteine zerschlagen. Teile davon verschwanden später offensichtlich bei Ausbesserungsarbeiten am Mühlenweg in Schlaglöchern. Nach dem Krieg wurde der Friedhof 1946 provisorisch aufgeräumt. Im November 1948 versuchte die Justiz, Aufklärung über die Verwüstung des Friedhofes zu erlangen. Dabei blieben viele Fragen offen. Die drei Angeklagten wurden freigesprochen.

Der Friedhof lag trotz der Aufräumungsaktion 1946 jahrelang als ungepflegter Platz hinter verwilderten Hecken. In den 1970er-Jahren wurde der 13,34 ar große Friedhof von der Stadt instandgesetzt. Eine Hecke teilte das Gelände in zwei etwa gleich große Flächen. Die östliche Hälfte wurde als Bauplatz verkauft, auf der westlichen, durch eine Pforte abgeschlossene Friedhofshälfte, legte die Esenser Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Landesverband der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen eine Grünfläche an und errichtete darauf ein Mahnmal zum Gedenken an die Mitglieder der jüdischen Gemeinde Esens. Jährlich wird seit 1978 am Volkstrauertag an diesem Denkmal ein Kranz niedergelegt. 1981/82 wurden die erhaltenen Grabsteine wieder aufgerichtet und mit einer Einfassung aus den noch lesbaren Grabsteintrümmern umgeben.

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