Viele Gebäude in der Esenser Altstadt sind denkmalgeschützt und inzwischen mit viel Liebe zum Detail restauriert worden. Dazu gehören das Mettcker-Haus am Marktplatz und das Edzardsche Haus in der Steinstraße als älteste Steinhäuser im Stadtgebiet. Sehenswert sind aber auch das Handwerkshaus des Schuhmachermeisters Becker in der Westerstraße, das Bernstein-Huus in der Herdestraße, das August-Gottschalk-Haus in der Burgstraße sowie das so genannte »Puppenhaus« mit sechs Alabaster-Figuren in der Außenwand in der Jücherstraße – die Originale gehörten zum einstigen Grab der Gräfin Walpurgis in der St.-Magnus-Kirche.
Haus Edzards (Steinstraße 20)
Ein schönes Beispiel bürgerlicher Baukunst des 18. Jahrhunderts ist das Edzardsche Haus in der Steinstraße. An der Backsteinfassade, die mit einem Valuten- oder Glockengiebel und barocken Elementen auffällt, findet man einen Hinweis auf den Bauherrn: „H. E. 1788“. Hillrich Euken, privilegierter Amts- und Stadt- Ausmiener des Königreichs Hannover, baute das Gebäude in diesem Jahr. 1896 erwarb Fuhrhalter Gerhard Edzards das Anwesen als Sitz seines Speditions- und Fuhrbetriebs.
Becker-Haus (Westerstraße 9)
Der Kaufmann und Lichterfabrikant Diedrich Müller Diedrichs ließ 1862 in der Westerstraße dieses große Wohnhaus errichten. Nach seinem Tod kaufte 1896 Getreidehändler Enno Rudolph Aschen Becker, Sohn des Esenser Bürgermeisters, das Gebäude und ließ allerhand Schablonenwandmalereien im Jugendstil durchführen. Becker hatte sieben Kinder, von denen die letzten der fünf Töchter noch bis etwa zur Jahrtausendwende im Gebäude lebten. Die betagten Damen vererbten ihr Haus an die Diakonie, die es an die Stadt Esens verkaufte. Die Stadt verkaufte das Anwesen an den Maler, Kunstsammler und Musiker Cyrus Overbeck, anerkannter Kenner des Künstlers Otto Pankok. Nach Sanierung dient es als Kunst- und Ausstellungshaus mit Werkstatt.
Mettcker-Haus (Am Markt 3)
Die Freitreppe ist das Markanteste am Mettcker-Haus, das als ältestes Steingebäude in Esens gilt. Schon Häuptling Wibet von Stedesdorf (gestorben 1447; regierte von 1410 bis 1440) soll das giebelständige Patrizierhaus am Markplatz Anfang des 15. Jahrhunderts bewohnt haben. Ebenso 1622 Graf Ernst von Mansfeld, der plündernde Söldnerführer im Dreißigjährigen Krieg. In alten Unterlagen ist von einem Wohnturm am Markt die Rede, der im Grundriss mit dem bis heute erhaltenen 40-Quadratmeter-Gewölbekeller übereinstimmt. Der Verlag C. L. Mettcker & Söhne (heute Brune-Mettcker-Verlag), der seit 1862 die Tageszeitung „Anzeiger für Harlingerland“ herausgibt, nutzt das Gebäude seit 1864 als Geschäftsstelle.
Puppenhaus (Jücherstraße 11)
In der Fassade des alten Hauses sind sechs Figuren eingelassen. Sie stammen vom Grabmal der Walpurgis von Rietberg, das früher in der alten Esenser Kirche stand. Diese Karyatiden umstanden einen Sarkophag. Ein Pastor ließ 1790 das Grabmal beseitigen, weil es ihn störte. Das Puppenhaus steht unter Denkmalschutz. Die Originale sind heute wieder in der Kirche zu finden, da sie hier in der Fassade zu stark unter der Witterung zu leiden hatten. Heute ist das Puppenhaus ein privates Wohnhaus.
Ratsgaststätte (Am Markt 1)
Der Gastwirt musste das Vieh wiegen. Denn dieses hatte der Esenser Magistrat mit dem Pächter der Gastwirtschaft vereinbart, die 1839 im neuen Stadthaus am Marktplatz eröffnete. Im Backsteinbau, den ein Giebel mit dem Stadtwappen ziert, waren zunächst nur im Obergeschoss Rats- und Verwaltungsräume untergebracht. Parterre schlossen sich nach hinten eine Wohnung und dann im Anbau die Stadtwaage an. Später befanden sich hier das Stadtgefängnis, die Polizei-Station, die Stadtkasse, das kirchliche Rentamt und die Bücherei. Geblieben ist die Gastronomie unter der Bezeichnung „Ratsgaststätte“. Wenn man links vom Stadthaus die Lohne hineinläuft, gelangt man an den öffentlichen Toiletten vorbei zur „Stadtschkür“.
Quelle: Esens-Archiv Detlef Kiesé
Gemeindehaus St. Magnus (Kirchplatz)
„Ernste Zucht – Goldne Frucht“. Diese Inschrift an der Nordseite des mächtigen Gebäudes, das 1866 parallel zur St. Magnus-Kirche und in ähnlichem Stil gebaut wurde, macht deutlich, dass es sich hier um die alte Volksschule handelt. Und auf der Südseite steht: „Non scholae sed vitae“ („Nicht für die Schule, sondern fürs Leben“).
Eine Schule hatte es hier schon früher gegeben, bis der große Stadtbrandt am 25. September 1860 das Gebäude vernichtete. So entstand in den Jahren 1861 bis 1866 im „historisierenden Stil der hannoverschen Bauschule“ und mit einem Kostenaufwand von 23345 Mark ein neues Gebäude für die Volks- und Rektorschule. Bis zu seiner Amtsenthebung 1870 war der Revolutionär und Freiheitskämpfer Johann Carl Gittermann Schulleiter. 1906 erhielt das Gebäude an der östlichen Seite einen Anbau. Aus den gehobenen Klassen, der Lateinschule, ging im Jahr 1924 die heutige Carl-Gittermann-Realschule (ehemals Mittelschule) hervor. Mit der Fertigstellung des Schulzentrums Esens-Nord im Herbst 1966 zog die Volksschule an die Walpurgisstraße um, in den 70-er Jahren gab es dann mehrfache Ratsbeschlüsse zum Abbruch. Erhalten werden konnte das Gebäude, indem die Kirchengemeinde sämtliche kirchlichen Einrichtungen in das Gebäude verlegte.
Einweihung des Gemeindezentrums St. Magnus war 1980. Der Bau verfügt nun über einen festlichen Gemeindesaal mit Foyer, fünf Konfirmanden- bzw. Gruppenräume, Kirchenbüros und diakonische Beratungsstelle.
Quelle: Esens-Archiv Detlef Kiesé
Haus Gläske (Am Markt 6)
Er berechnete die Laufbahn des einst unbekannten Kleinstplaneten, des Planetoiden Nr. 1651, der dann nach ihm benannt wurde: Pastor Johann Gerhard Behrens (1889 bis 1978) wurde im heutigen Geschäftshaus Gläske (Am Markt Nr. 6, rechtes Haus der Nordzeile) geboren, sein Vater betrieb hier ein Lebensmittelgeschäft. Behrens, der sich als Astronom um die Erforschung der Sternenwelt verdient machte, wurde aber auch als Nazi-Gegner und Mathematiker bekannt. Die Nasa wollte seine Hilfe in Anspruch nehmen, was er aber aus Altersgründen ablehnte. Die Olympia-Werke in Wilhelmshaven baten um Mithilfe bei der Entwicklung erster Computer. Das Giebelhaus mit dem Pokal auf der Spitze stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Bevor die Firma Gläske das Haus übernahm, betrieben die Gebrüder Willms und später Rudolf Kittel hier ein Lebensmittelgeschäft.
Quelle: Esens-Archiv Detlef Kiesé