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Johann II. von Rietberg (1523–1562)

Johann II von Rietberg

Gräfin Agnes von Rietberg, die Witwe des Grafen Johann II. von Rietberg, widmete ihrem vor 450 Jahren in Haft verstorbenen Gemahl in Köln und im ostfriesischen Esens einen Gedenkstein, der die Jahrhunderte überdauerte. Beide Epitaphien berichten von „Beschwernissen“ und „Drangsalen“, die ihm das Leben erschwerten.

Sie verschweigen allerdings, dass der streitlustige Graf als „Friedensbrecher“ die ganze Nordwest-Region in Aufruhr brachte und deshalb vom Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis überwältigt und in Einzelhaft gesetzt wurde. Die damit verbundenen Ereignisse wirkten in ganz Nordwestdeutschland über Jahrzehnte nach.

Die Grafschaft Rietberg lag an der oberen Ems zwischen den Bistümern von Münster und Paderborn, bestand als eigenständiges Territorium zwischen 1237 und 1807, war zunächst reichsunmittelbar und stand ab 1456 in Lehensabhängigkeit zum Landgrafen von Hessen. Johann II. wurde um 1523 geboren. Sein Vater war Graf Otto III. von Rietberg. Seine Mutter war Onna von Esens. Johann II. hatte noch einen Bruder: Otto IV. Nach dem söhnelosen Tod von Balthasar von Esens, dem Bruder Mutter Onnas, fiel das Harlingerland mit Esens an das Haus Rietberg. Die Söhne, die der lutherischen Lehre folgten, nannten sich nach dem Tod des Vaters zusätzlich „Herr auf Esens, Stedesdorf und Wittmund“. Doch die Brüder lagen ständig im Streit. Beide wollten regieren. Eine Erbteilung von 1541 wurde von Otto IV nicht akzeptiert. Erst nach Ottos IV. Tod 1553 fiel das gesamte Erbe der Grafschaft Rietberg mit dem Harlingerland an Johann II, der inzwischen mit Gräfin Agnes von Bentheim-Steinfurt verheiratet war und vom Maler Ludger tom Brink aus Münster ein Familienbild anfertigen ließ, das erhalten blieb. Der Rietberger residierte mit seiner Familie meist in Esens und folgte auch in seiner Politik seinem verstorbenen Onkel Balthasar von Esens, der zu Lebzeiten wegen seiner Streitlust bekannt war. Johann II. wollte sein Territorium vergrößern. Er heuerte deshalb Söldner an und besetzte zunächst einen Landstrich nahe dem Accumer Tief. Weitere Übergriffe folgten. Die Region geriet in Aufruhr. Die empörten Nachbarn riefen den Niederrheinisch-Westfälischen Kreis um Rechtshilfe an. Der Rietberger bekam den Beinamen „der tolle Johann“ und galt als „Friedensbrecher“.

Nach erfolglosen Vermittlungsversuchen und einem nicht eingehaltenen Friedensvertrag ging der Reichskreis mit Waffengewalt gegen Graf Johann II. von Rietberg vor. „Der tolle Johann“ wurde belagert, erlitt eine Verwundung und musste am 2. Juni 1557 kapitulieren. Die „Rietberger Fehde“ wurde mit der Gefangennahme des Grafen beendet. Johann II. kam in Einzelhaft, war zunächst im Schloss Büderich und wurde 1560 nach Köln verlegt, wo er die letzten zwei Lebensjahre in einem Verließ im Kloster St. Martin verbrachte. Darüber starb der Graf am 11. Dezember 1562 in Haft. Die Rietberger Grafschaft kam zunächst unter die Verwaltung des Reichskreises und wurde dann mit Hinweis auf den söhnelosen Tod des Grafen, der nur seine Witwe und zwei Töchter hinterließ, vom Landgrafen von Hessen als erledigtes Lehen eingezogen. Dagegen klagte die Gräfin-Witwe im Namen ihrer Töchter mit Erfolg. Tochter Walburga bekam das Harlingerland. Tochter Armgard übernahm das Stammgebiet Rietberg. Nach dem frühen Tod Armgards besaß Walburga beide Territorien, die sie bei ihrer Heirat mit dem Grafen Enno III. von Ostfriesland mit in die Ehe einbrachte. Die verwitwete Gräfin Agnes widmete sich nach der Beerdigung ihres Mannes, dem erfolgreichen Rechtsstreit und der Verleihung der städtischen Privilegien für Wittmund einer neuen Ehe. Sie heiratete 1568 den Grafen Otto VIII. von Hoya, den sie ebenfalls überlebte und in der Nienburger Pfarrkirche eine große Grabtumba errichten ließ. Sie starb auf Gut Varste bei Verden und fand ihre letzte Ruhe neben ihrem zweiten Mann in Nienburg.