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Pastor und Astronom Johann Gerhard Behrens

An bedeutenden Persönlichkeiten ist Ost­friesland nicht arm: Neben Staatsmännern und Wissenschaftlern verschiedener Diszi­plinen gab es insbesondere auf dem Gebiet der Astronomie hier Forscher, die Bedeu­tendes leisteten. Neben dem mit Kepler be­freundeten, aus Esens stammenden Astrono­men David Fabricius kann die Bärenstadt auch noch auf einen weiteren Gelehrten die­ser Fachrichtung stolz sein: Es ist der vor 100 Jahren in Esens geborene Johann Gerhard Behrens, nach dem im Jahre 1980 sogar ein Planetoid benannt wurde.

Schon als Kind interessierte sich der als Sohn eines Kaufmanns am 5. September 1889 ge­borene Esenser für die Sternenkunde. Dies ist mit auch ein Verdienst seines Großvaters, des Mühlenbauers Theilen. In der Schule fiel der fleißige Junge als guter Mathematiker auf. Während seiner Gymnasialzeit in Nor­den beschäftigte er sich viel mit der theoreti­schen Astronomie. Unterstützt wurde er bei dieser Leidenschaft von dem damaligen „Schulwärter“, der ebenfalls ein begeisterter Hobby-Astronom war und dem Gymnasia­sten zum ersten Mal die Saturnringe zeigte.

Für den 14jährigen Johann Gerhard eröff­nete ein Werk des Gründers der Berliner Volkssternwarte, Dr. M. Meyer, den Grund­stock seiner astronomischen Fachbibliothek. Im Jahre 1909 legte Behrens in Norden das Abitur ab. Doch sein Vorhaben, sich ganz der Astronomie zu widmen, mußte er aufge­ben, denn sowohl sein Vater als auch sein Großvater waren der Meinung, daß dieses eine „brotlose Kunst“ sei. In dieser Meinung wurde er allerdings auch während seines Stu­diums bekräftigt. Wenn er nämlich Vorle­sungen im Fach Astronomie nebenher be­legte, so fanden sich oftmals nicht mehr als fünf Kommilitonen mit ihm im Hörsaal ein.

Astronomie als brotlose Kunst?

An den Universitäten Göttingen, Tübingen und Berlin holte er sich neben den wissen­schaftlichen Voraussetzungen für den Beruf des Pastoren auch das notwendige Rüstzeug für seine Freizeitbeschäftigung mit den Ster­nen.

Nach dem Studium folgt jedoch die Einberu­fung während des ersten Weltkriegs und dann erst die Tätigkeit als Pastor in den Ge­meinden Nenndorf bei Hamburg und Stade. In einer der Fachzeitschriften las er den Auf­ruf, daß für die Berechnung kleinerer Plane­ten ein Mitarbeiter gesucht werde. Aufgrund seiner guten Leistungen wurden ihm immer schwierigere Fälle übertragen. In den 20er Jahren gelang es ihm sogar, einen Planeten, der früher entdeckt, dann jedoch nicht wie­derentdeckt wurde, zu berechnen und seine Bahn aufzuspüren.

Unter anderem fand er auch den Schwaßmann-Wachmannschen Kometen 1925 II wieder. Dadurch wurde sein Name über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt. Im Jahre 1933 wurde Pastor Behrens als einziger Pastor in die „astronomische Gesellschaft“ aufgenommen. Er hatte bald Kontakte zu al­len bekannten Astronomen im In-und Aus­land, war häufig zu Gast bei der Hamburger Sternwarte und führte eine umfangreiche Korrespondenz.

Sein Handwerkszeug für seine Tätigkeit als Amateur-Astronom, das erste astronomi­sche Fernrohr, kaufte Behrens in der Infla­tionszeit nach dem ersten Weltkrieg, es kostete ihn übrigens die astronomische Summe von 300 000 Mark.

Konflikt mit den Nationalsozialisten

In Stade, wo Behrens als Pastor wirkte, geriet er als aufrechter Christ in Konflikt mit der Staatsmacht und den herrschenden Natio­nalsozialisten. Er hatte sich öffentlich gegen den Nationalsozialismus und den Antisemi­tismus gewandt. Die nationalsozialistische Zeitung „Der Stürmer“ wurde von ihm als Schmutzblatt bezeichnet, in einer Bußpre­digt warnte er nachdrücklich vor den Folgen des Blut- und Boden-Mythos, im Konfirman­denunterricht weigerte er sich, die Hetze ge­gen die Juden zu befürworten.

Das hatte in Stade einen Kirchenkampf zur Folge. Am 16. September wurde Behrens von SA-Leuten durch die Stader Straßen gezerrt, wobei ihm ein Schild mit der Aufschrift „Ich bin ein Judenknecht“ umgehängt wurde.

Allerdings stellte sich der Regierungspräsi­dent vor den geschundenen Gemeindepfar­rer, auch der damalige Landesbischof D. Marahrens setzte sich mit Erfolg beim Justizmi­nister für Behrens ein. Zu seinem eigenen Schutz wurde Behrens nach Detern in Ostfriesland versetzt.

Die Stader Gemeinde besann sich nach dem Tode von Behrens im Jahre 1981 auf die standhafte Haltung des früheren Pastoren und benannte zu seinem Andenken ein Ge­meindezentrum nach ihm. Sein öffentliches Eintreten für die Juden und sein Protest ge­gen Lüge und Gewalt wurde als mutiges und vorbildliches Glaubenszeugnis gewürdigt.

Berechnungen für NASA und Olympia-Werk

Nach dem 2. Weltkrieg wurde Behrens von der NASA zu Berechnungen aufgefordert, auch die Olympia-Werke in Wilhelmshaven holten seinen Rat für Computerberechnun­gen ein. In vielen Lehrbüchern der Astrono­mie taucht der Name Behrens auf, sogar im fernen Japan ist er zwischen den fremdarti­gen Schriftzeichen zu finden.

Im Ruhestand, den er in Esens und Warsingsfehn verlebte, widmete sich Pastor Beh­rens weiter dem gestirnten Himmel, doch auch auf der Kanzel war er noch recht oft an­zutreffen, denn er half aus, wenn dort jemand gebraucht wurde. Er lebte recht zu­rückgezogen und bescheiden, erreichte das biblische Alter von 90 Jahren und starb am 23. März 1979.

Nach seinem Tode wurde der verdiente und bescheidene Freizeit-Astronom besonders geehrt: Im Jahre 1980 wurde der bislang mit der Nummer 1651 registrierte Kleinplanet mit dem Namen Behrens benannt. Ein Pla­netoid in unserem Sonnensystem trägt jetzt den Namen des aus Esens stammenden Pa­storen; die Erinnerung an den jahrelang rast­los Schaffenden wird also noch weiter wach­gehalten werden.

Um dieses Andenken in einer breiten Öf­fentlichkeit wachzuhalten, brachte der Hei­matverein Esens an seinem Geburtshaus am Esenser Marktplatz eine Gedenktafel an. Unter den Teilnehmern an dieser Feier war auch die 80jährige Schwester des Gelehrten, die auf der Insel Langeoog lebte.

So ist das Lebenswerk eines gebürtigen Esensers noch im Andenken vieler Men­schen weiter gegenwärtig und auch die Chronistin des „Heimatkalenders“ wollte mit die­sem Beitrag ihren Teil dazu leisten, das An­denken an diese interessante Persönlichkeit wachzuhalten.

(-her-)

Mit verbindlichem Dank an Albrecht Gerdes (Esens), der mir aus seinem privaten Archiv eine Dokumentation aus Zeitungsartikeln über den Forscher zur Verfügung stellte.

Pastor als Judenknecht verunglimpft

Esenser Pastor ging als „Fall Behrens“ in die Kirchengeschichte ein. Aus seiner Abneigung hatte der Astronom nie einen Hehl gemacht.

Esens/Stade/dk/AH – Aus seiner Abneigung gegen das nationalsozialistische Regime hatte Johann Gerhard Behrens keinen Hehl gemacht. „Ein christlicher Neger ist mir lieber als ein ungläubiger Deutscher“ oder „Kinder, ihr seid verhetzt“ soll er dem Nachwuchs im Konfirmandenunterricht in Stade mit auf
den Weg gegeben haben. Seine deutlichen Worte sollten dem in Esens geborenen Pastor zum Verhängnis werden: Am 16. September 1935, also heute vor genau 70 Jahren, ist er von den Nazis durch die Straßen von Stade getrieben worden. In den frühen Abendstunden des Tages war er mit seinem Sohn Martin von der Superintendentur in der Teichstraße unterwegs nach Hause, als er vor dem Regierungsgebäude von SS-Männern überwältigt und mit Schmähschildern wie „Ich bin ein Judenknecht“ behängt wurde. Begleitet wurde der anschließende Zug auf dem Weg durch die Stadt von einer SA-Musikkapelle, zahlreichen
Hitlerjungen und Schaulustigen. Unterwegs wurde der Pastor als „Volksverräter“ und „Judenlümmel“ beschimpft, bespuckt, mit Sand und brennenden Zigarren- und Zigarettenstummeln beworfen, getreten und mit Wasser übergossen.

Zeitzeugenberichte, Polizeiprotokolle und Behrens eigene Aufzeichnungen belegen den Vorfall, seine Vorgeschichte und das Nachspiel genau. Die Mehrheit der Stader Bevölkerung soll sich hinterher zwar ablehnend bis empört gezeigt haben, zu Hilfe kam Behrens aber niemand. Erst dem Regierungspräsidenten Leister gelang es, den misshandelten Geistlichen zu befreien und die auf etwa 300 Personen angewachsene Menschenmenge zu zerstreuen – und das hatte auch für Leister Folgen.

Nach dem Vorfall vom 16. September 1935 wurden die Haupttäter nur halbherzig zur Rechenschaft gezogen. Behrens wurde von der Landeskirche über ein halbes Jahr beurlaubt und dann nach Detern in Ostfriesland versetzt. Hier blieb er Pastor bis 1957. In Stade erhielt 1981 das neugebaute Gemeindehaus in der Ritterstraße den Namen „Pastor-Behrens-Haus“, nachdem es zuvor einen eher versteckten Widerstand gegeben hatte. Am Geburtshaus in Esens, heute Installateurbetrieb Gläske, wurde in diesen Jahren eine Gedenktafel für den Pastoren und Astronomen Behrens montiert.

Nach dem Besuch der Bürgerschule in Esens hatte Johann Gerhard Behrens 1909 in Norden sein Abitur abgelegt, danach studierte er in Tübingen, Berlin und Göttingen Theologie, Astronomie und Kunstgeschichte.
Nach seinem Dienst im Ersten Weltkrieg absolvierte er sein Vikariat in Warsingsfehn. Schon früh entwickelte sich sein Interesse an der Astronomie, 1933 wurde er als einziger Pastor in die „Astronomische Gesellschaft“ aufgenommen. Für die NASA berechnete er vor allem Umlaufbahnen von Kometen – Nach seinem Tod wurde der Planetoid Nr. 1651 mit seinem Namen benannt. Auch in seinem Ruhestand in Esens, wo er noch manche geistlichen Dienste übernahm, führte er seine astronomischen Studien weiter. Er starb 1979 89-jährig in
Warsingsfehn.

Aus dem Anlass des 70. Jahrestages wird dieses Thema auch im Mittelpunkt eines besonderen Gottesdienstes in der St.-Magnus-Kirche stehen – am Buß- und Bettag am 16. November 2005.

Vortrag am 9. November 2005, Magnus-Kirche Esens, Siegfried Rückert

„Ich bedanke mich für die Einladung über das Leben und Wirken von Pastor Johann Gerhard Behrens hier in Esens, seinem Geburtsort referieren zu können. Am  9. November ist seit mehreren Jahren überall in Deutschland üblich, der Verbrechen der Nationalsozialisten gegen die jüdischen Mitbürger – konkret der Schändung und Zerstörung der Synagogen, der jüdischen Gotteshäuser 1938 – zu gedenken. Das haben wir vorhin getan.

Wir wollen nun die Erinnerung fortsetzen an einen aufrechten Mann und wackeren Christenmenschen, der hier – in Esens – vor 116 Jahren das Licht der Welt erblickt hat.

Eine Bronzetafel am Geburtshaus weist seit über zwei Jahrzehnten darauf hin, dass hier „der weltbekannte Astronom und Pastor Johann Gerhard Behrens“ einst das Licht der Welt erblickte.

Johann Gerhard Behrens hat sich bereits nach der so genannten „Machtergreifung“ als Pastor in Stade – 1935, also drei Jahre vor dem Judenpogrom – mutig gegen die nationalsozialistischen Hetze auf die Juden gestellt. Grund genug, den FALL BEHRENS vor dem Vergessen zu bewahren und sich des zu erinnern.
Ich erlaube ich mir, Ihnen in wenigen Sätzen darzulegen, wie ich Pastor Behrens kennen gelernt hatte:

Das war eben hier in Esens. Vor ziemlich genau 40 Jahren kam ich von Hamburg nach Ostfriesland, und zwar nach Emden, wo ich eine Anstellung bei der (heute nicht mehr existierenden) Erdölwerke Frisia AG bekam. Als Christlicher Pfadfinder suchte ich die Emder CP auf und lernte so nicht nur Willi Wykhoff und seine Frau Luise, geborene Behrens kennen, sondern auch meine spätere Frau im Jugendchor, den Luise leitete.

Als Willi Wykhoff wegen einer beruflichen Versetzung das Amt als Führer des Friesengaues der CP niederlegte, wurde ich sein Nachfolger  –  Gauführer – rückblickend eine grässlich-schreckliche Bezeichnung Funktionsträger innerhalb der evangelischen Jugend.

Aufgrund der freundschaftlichen Verbundenheit mit der Familie Wykhoff war es nur selbstverständlich, dass ich – und hier schließe ich meine damalige Freundin und spätere Verlobte ein – also, dass wir Luises Eltern, die zu der Zeit in Esens wohnten, kennen lernten.

In dem von der Straße zurückliegenden Backsteinhaus, gleich rechts am Ortseingang, in dem völlig mit Efeu überwachsenen Gebäude, waren wir gern und oft zu Gast.

Da waren die liebenswerte Pastorenfrau, stets beschäftigt in der Küche oder mit ihrem Hobby, der Porzellanmalerei und der weishaarige Pastor im Ruhestand, der regen Anteil an seiner Umwelt nahm.

In den Sommermonaten 1965 und 1966 hatten wir unser Zelt in Bensersiel aufgebaut und an den meisten Wochenenden fuhr ich regelmäßig von Emden mit meinem Auto dorthin.

In dieser Zeit durfte ich Pastor Behrens gelegentlich sonntags zu verschiedenen Kirchengemeinden chauffieren, wo er Vertretungsgottesdienste hielt. Ich war jedes Mal von seiner schlichten – und doch ungemein überzeugenden Wortverkündigung beeindruckt.

Und so wird es Sie, liebe Zuhörer, nicht verwundern, dass wir Pastor Behrens baten uns zu trauen. Willi Wykhoff war einer der Trauzeugen. Auch verheiratet und später auch mit unseren beiden Kindern haben wir unseren Pastor, danach in Warsingsfehn – und nach dem Tode seiner Frau allein lebend – gerne besucht.

Doch nun zu den Vorkommnissen im „3. Reich“:

Aber zunächst noch ganz kurz wie ich von dem Ereignis am Abend des 16. September 1935 in Stade – oder wie in einschlägiger Literatur zu lesen: vom Fall Behrens – erfahren habe.

Mir war zwar bekannt, dass Pastor Behrens Mitglied der Bekennenden Kirche war und während der NS-Zeit in Stade Ärger mit den damaligen Machthabern hatte und nach Detern versetzt worden war. Aber wie es Johann Behrens` bescheidene Art war, hat er nie von sich aus davon gesprochen oder sich gar seiner standhaften Haltung gerühmt.

Erst nach seinem Tode erfuhr ich von einem Stader Berufsschulkollegen von dem kommunal-politischen Wirbel, den die Benennung des dortigen Gemeindehauses nach einem in der NS-Zeit verfolgten, bekenntnistreuen Pastor ausgelöst hatte. Als der Name Behrens fiel, dämmerte es bei mir, dass es sich nur um unseren Pastor handeln konnte.

Daraufhin hatte ich Luise und Willi Wykhoff eingehend befragt und mir alle verfügbaren Veröffentlichungen zum Fall Behrens beschafft. Da kam auch gelegen, dass ich 1985 im Rahmen einer wissenschaftlichen Ergänzungsprüfung an der Hochschule Hildesheim die Prüfung in Kirchengeschichte über „Die Kirche und der NS-Staat am Beispiel des Falles Behrens“ ablegen konnte.

Im folgenden werde ich versuchen, kurz die Person und den Lebensweg von Johann Gerhard Behrens zu skizzieren und die Ereignisse in Stade im Jahre 1935 im Zusammenhang mit der damalige staats- und parteipolitischen sowie der kirchenpolitischen Situation zu beleuchten.

Johann Gerhard Behrens wurde am 5. September 1889 in Esens als Sohn des Kaufmanns Martin Behrens geboren.

Der junge Johann Gerhard Behrens legte 1909 in Norden seine Abiturprüfung ab und nahm das Studium der Theologie, Astronomie und Kunstgeschichte in Tübingen auf und wechselte später nach Berlin und Göttingen.

Das 1. theologische Examen legte er 1914 in Göttingen ab. Zu dieser Zeit arbeitete er in der Berliner Stadtmission, belegte 1915 einen Pädagogikkurs in Einbeck, war von 1915 bis 1917 Soldat an der Westfront.

Nach Beendigung des Krieges, Behrens war im letzten Kriegsjahr schwer erkrankt, setzte er die theologischen Studien bis 1919 in Göttingen fort, war dann als Vikar in Warsingsfehn tätig, legte 1920 sein 2. theologisches Examen ab und wurde im gleichen Jahr in Hannover ordiniert. Ende 1920 trat Pastor Behrens die dritte Pfarrstelle in Hittfeld an, von wo aus er auch die Gemeinde in Nenndorf betreute.

Im folgenden Jahr heiratete er Johanna Krause, mit der er schon seit einigen Jahren verlobt war.

1924 wurde Johann Gerhard Behrens nach Stade versetzt und dort mit der Wahrnehmung der zweiten Pfarrstelle in der St. Wilhadi-Gemeinde betraut. In Stade versah Behrens nicht nur das Amt in der als recht vornehm geltenden Gemeinde, sein Engagement gehörte auch einen dazugehörigen Außenbezirk, in dem ausnahmslos Arbeiter und Erwerbslose mit ihren Familien lebten, denen es in der damaligen Zeit wirtschaftlich sehr schlecht ging. Um die größte materielle Not zu lindern, organisierte er Lebensmittel- und Kleiderhilfen.

Das für die Kirche zu der Zeit nicht eben übliche Eintreten für die sozial Benachteiligten verschaffte Pastor Behrens die Wertschätzung unter der Arbeiterschaft.

Nachdem die „Deutschen Christen“ mit ihrer Forderung nach einem „artgemäßen Christusglauben“ die Deutsche Reichskirche mit einem Reichsbischof an der Spitze ausgerufen hatten, wurde Pastor Behrens nicht nur früh Mitglied der Bekenntnisgemeinschaft, sondern warb auch aktiv und mit Erfolg dafür.

So konnte es nicht ausbleiben, dass dieser Pastor den Nationalsozialisten und den Deutschen Christen ein Dorn im Auge war.

Doch was waren/sind „Deutsche Christen“?

Die jüngeren Zuhörer werden sicherlich keine Vorstellung von der – wie es richtiger heißen muss – „Glaubensbewegung Deutsche Christen“ (GDC) haben.

Die GDC entstand vor der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, also jenem historischen Datum, welches die Nationalsozialisten als Machtergreifung feierten.

Schon in der Weimarer Republik gab es Pfarrer und Gemeindemitglieder, die sich für das politische Programm des Nationalsozialismus` eingesetzt haben. 1932 kam es zu einem förmlichen Zusammenschluss, eben der „GDC“. Entscheidend initiiert wurde die Bewegung von Wilhelm Kube, dem Fraktionsvorsitzenden der NSDAP im Preußischen Landtag. Die Partei versuchte innerhalb der Evangelischen Kirche ein aktives Zentrum zu schaffen, von dem aus die Kirche auf Parteilinie gebracht werden sollte. Also auch hier -„Gleichschaltung“.

Organisatorisches Ziel war die Schaffung einer einheitlichen „Evangelischen Reichskirche, die als lebendige Volkskirche“ … „Ausdruck aller Glaubenskräfte unseres Volkes“ sein sollte, wie es in den Richtlinien (RL) hieß. Und ferner hieß es in den RL in Anlehnung an das NSDAP-Parteiprogramm von 1920: „Wir stehen auf dem Boden des positiven Christentums. Wir bekennen uns zu einem artgemäßen Christus-Glauben, wie er deutschem Luther-Geist und heldischer Frömmigkeit entspricht.“

Ein leidender Heiland am Kreuz passte nicht zum germanischen Heldenglauben; Jesus von Nazareth war nun der nordische Christus, von großer athletischer Gestalt, (natürlich) blond, blauäugig, siegesgewiss! „Jesus, der Heiland aus nordischem Blute und Mute“, so der Titel eines Buches von einem Wilhelm Erbt oder ein anderes Buch, verfasst 1920 vom Bremer Hauptpastor Bode „Wodan und Jesus“. Alles Jüdische musste weichen.“